Mit '''Häuptling''' wird ein ? vermeintlich oder tatsächlich ? führendes Mitglied einer Gesellschaft ohne ausgeprägtes Staatswesen ''(einer oder eines es)'' bezeichnet.<ref name="Hirschberg"> (Hrsg.): ''Wörterbuch der Völkerkunde.'' Neuausgabe, 2. Auflage. Reimer, Berlin 2005.</ref>
Im Zuge des hatten die Europäer solche undifferenzierten Sammelbezeichnungen ( ''chief'', ''chefe'', ''jefe'', ''chef'') für die in ihren Augen höchstgestellte Person innerhalb der sehr der Eroberten eingeführt. Dabei behalf man sich mit Analogien und dem ?Fremden?, womit eine Form der ?Primitivität? verbunden war, die auf diese Weise für den gesamten globalen Kolonialraum übergreifend anwendbar war. Nur dort, wo staatliche Strukturen vorhanden waren, half man sich mit anderen Begriffen. Dies geschah vor allem, um die unbekannten Macht- und Sozialstrukturen an Bekanntes (Heerführer, Fürsten, e usw.) anzupassen und überhaupt erst erfassen zu können; aber auch, um bestimmte Personen zur kollektiven Verantwortung ziehen zu können, Vertragspartner zu haben. Zudem erhielten die ?Wilden?, deren Kultur es zu überwinden galt, einen Platz im göttlichen Heilsplan; sie mussten also missioniert werden.
Dies hing auch damit zusammen, dass zu einem Oberhaupt einer solchen Gruppe im Bewusstsein der Kolonisatoren auch ein Territorium gehörte, über das der jeweilige Häuptling verfügen konnte, auch bestimmte er über die religiöse Zugehörigkeit seiner ?Untertanen?, wie europäische Herrscher dies lange taten. Daher hängen die aufgenötigten Begriffe ?Stamm?, als Bezeichnung für eine angeblich überzeitliche, genetisch zusammenhängende Gruppe, und ?Häuptling? eng zusammen. Frauen als Häuptlinge waren vor dem Hintergrund der europäischen Gesellschaftsbilder nur schwer vorstellbar. Obwohl Status, Autorität und Machtbefugnisse eines ?Häuptlings? je nach Ethnie vollkommen unterschiedlich waren und sind, wird die Bezeichnung mangels Alternativen weiterhin verwendet.
Um die Autorität des Häuptlingstums oder einen sonstigen Vorrang zu erklären, kam diesen Männern und Frauen oftmals ein ?unverletzlicher? Charakter zu, oftmals aus besonderer Abstammung, häufig Verwandtschaft mit Göttern, abgeleitet. Abstrakter gesprochen stand dahinter ?eine Ideologie, in der politische Macht, rechtliche Verpflichtungen und religiöse Berufung miteinander verschmolzen sind?. Analoge Bildungen stellen (in Nordafrika), (in Lateinamerika) oder im Nordosten Amerikas dar.
Als Entsprechung zum englischen ''chief'' (?Chef?) in der Übersetzung der Werke des Schriftstellers verbreitete sich die Bezeichnung ''Häuptling'' in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts im deutschen Sprachraum, mit der allgemeinen Bedeutung ?Oberhaupt eines (halb)wilden Volksstammes?
Siehe auch
- (Häuptling bei Angehörigen der )
- (schottischer Clanchef)
- (Irokesen)
Literatur
- .'' 2. Auflage. Band 13, de Gruyter, Berlin / New York 1999, S. 291?311.
- darstellten)
Weblinks
- {{Internetquelle
|autor=Gabriele Rasuly-Paleczek |url=http://www.univie.ac.at/ksa/html/inh/stud/studmate_files/Soz_Org_2011/Soz_Org_5_LV_Text_2011.pdf |titel=Formen der Sozio-politischen Organisation |werk=Einf�hrung in die Formen der sozialen Organisation |hrsg=Teil�5/5, Institut f�r Kultur- und Sozialanthropologie, Universit�t Wien |seiten=188?200 |datum=2011 |format=PDF; 227�kB |archiv-url=https://web.archive.org/web/20131004221606/http://www.univie.ac.at/ksa/html/inh/stud/studmate_files/Soz_Org_2011/Soz_Org_5_LV_Text_2011.pdf |archiv-datum=2013-10-04 |kommentar=Unterlagen zu ihrer Vorlesung im Sommersemester 2011 |offline=1 |abruf=2020-03-13 |abruf-verborgen=1}}
- Hans-Rudolf Wicker: (PDF: 387 kB, 47 S.) In: ''Leitfaden für die Einführungsvorlesung in Sozialanthropologie, 1995?2012.'' Institut für Sozialanthropologie, Universität Bern, 31. Juli 2012, S. 36?42.
Einzelnachweise
<references>
<ref name="Steuer 1999-294">
.'' 2. Auflage. Band 13. de Gruyter, Berlin / New York 1999, S. 294.
</ref>
<ref name="Steuer 1999-291">
Heiko Steuer: ''Häuptling, Häuptlingtum.'' In: Herbert Jankuhn, Heinrich Beck u. a. (Hrsg.): ''.'' 2. Auflage. Band 13. de Gruyter, Berlin / New York 1999, S. 291.
</ref>
<ref name="grimm">
</ref>
<ref name="Lexikon Mittelalter-1959">
So im ''.'' Band 4, Spalte 1959?1960; im ''Wörterbuch der Ostfriesischen Sprache'' (Band 2, etymologisch bearbeitet von J. ten Doornkaat Koolman, Norden 1882, S. 2) heißt es allerdings nicht ''Hävd(l)ing'', sondern ?afries. haved-ing, havd-ing (Häuptling, capitanus etc.) von haved etc. (Haupt, caput)?.
</ref>
<ref name="Uhland 1815">
- ''Konradin, Fragment.'' In: Derselbe: ''Gedichte (Ausgabe letzter Hand).'' 1. Auflage. 1815 (erweiterte Ausgabe im Jazzybee Verlag Jürgen Beck, Altenmünster 2012, ohne Seitenzahlen: in der ''Google Buchsuche'').
</ref>
<ref name="Eckermann 1837">
).
</ref>
<ref name="Mendivil 2007">
Der peruanische Musikethnologe Julio Mendívil schreibt dazu: ?Die Ethnologie ist immer ein westliches Geschäft gewesen. Unter der Schirmherrschaft eines Kolonialsystems entstanden und mittels des logistischen Rahmens verbreitet, welchen die Nationalstaaten ihr zur Verfügung stellten, etablierte sie sich als eine wissenschaftliche Disziplin, die, wie Asad es formuliert, die strukturelle Rangordnung des Weltsystems reproduziert, indem sie dazu beiträgt, eine Politik der Differenz zwischen dem Westen und den Anderen zu konstruieren und festzuschreiben. Die Beschreibung des Fremden beinhaltet ? gewollt oder ungewollt ? immer einen Kontrastcharakter und fungiert dadurch als Negation des Eigenen. In seinem Buch ''Orientalism'' konnte zeigen, dass die Logik ethnographischer Beschreibungen auf einem binären Repräsentationssystem basiert, das den Anderen als Oppositionsfigur für die Konstituierung der eigenen Identität benutzt?. Zitiert nach: Julio Mendívil: ''Das »zivilisierte Denken«. Reflexionen eines peruanischen Musikethnologen über eine Feldforschung in den »traumatischen Tropen« Deutschlands.'' In: Kien Nghi Ha, Nicola Lauré al-Samarai, Sheila Mysorekar (Hrsg.): ''re/visionen. Postkoloniale Perspektiven von People of Color auf Rassismus, Kulturpolitik und Widerstand in Deutschland.'' Münster 2007, S. 138; bezüglich Asad nimmt Mendívil Bezug auf Talal Asad: ''Introduction.'' In: Derselbe: ''Anthropology and the Colonial Encounter.'' Humanities Press, Atlantic Highlands 1973, S. 9?12.
</ref>
</references>
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